Landgasthof

Geschichte des Landgasthofs in Bröl

Gasthof Wolters war auch Bahnhof der „Brölbahn“

Dorfgaststätte war Jahrzehnte Mittelpunkt des Bröler Vereinslebens

Die 1870 gebaute (einzige) Bröler „Gaststätte Wolters“ mit dem markanten Turm-Anbau wirkte jahrzehntelang als Mittelpunkt des örtlichen Vereinslebens und ist auch heute noch das Wahrzeichen des Dorfes an der Bundesstraße 478 und des unteren Bröltals.

Postkarte mit Ansicht der Restauration Junkersfeld, um 1890

1922 kam Wilhelm Wolters vom Niederrhein nach Bröl und kaufte von der Familie Rothschild-Wahl die damalige „Restauration Junkersfeld“. Von da an war die Familie Wolters fast 9 Jahrzehnte das Zuhause für Bröler Vereine und Klubs. An der Theke und am Stammtisch wurde jeden Tag über Politik und Dorfgeschehen diskutiert, auf der Kegelbahn rollten fast jeden Abend die Kugeln und an besonderen Festtagen wurde im alten Saal, einem markanten Fachwerkbau auf der gegenüber liegenden Straßenseite, das Tanzbein geschwungen oder von einem Verein wurde ein Konzert veranstaltet. In der Fastelovends-Session war die „Woltesch-Wirtschaff“ wochenlang das Zuhause für die Jecken.

Sohn Johann Wolters, genannt „de Woltesch Schäng“ übernahm 1939 die Gasträume. Er war ein souveräner und jovial handelnder Gastwirt, der auch etliche Jahre als Schöffe am „Landgericht in Bonn“ eingesetzt war. 

Foto der Gaststätte, ca 1920

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts schnaufte ab 1862 die älteste Schmalspurbahn Deutschlands durch das Bröltal bis nach Waldbröl. In den einzelnen Ortschaften    „rückte das Brölbähnchen den oft dicht neben den Schienen stehenden  Gebäuden fast auf den Leib“. Auch in Bröl fuhr sie dicht an Wolters Haus-fassade vorbei durch das Dorf. Etliche Jahre befand sich auch der Bahnhof sowie die Fahrkarten-Ausgabe in der „Wirtschaft Junkersfeld“, wie die Gast-stätte damals noch hieß. Oft verzögerte sich die planmäßige Abfahrt des Zuges, weil sich Lokomotivführer und Schaffner an der Theke gerne einige Schnäps-hen genehmigten. Vor der Gaststätte standen mit Basalt gefüllte Güterwagen. Die schweren Steinbrocken wurden auf Pferdekarren umgeladen und für den Straßenbau Richtung Waldbröl verwendet.

Ende der 1940er Jahre bemühten sich die Bröler, für ihr Dorf ein eigenes Gotteshaus zu erhalten. Der alte Saal Wolters war bereits an die Bröler

Kapellengemeinde verkauft worden. Auf dem Saal-Grundstück war die Maria-Himmelfahrts-Kirche entstanden und Johann Wolters hatte neben dem Gasthof einen neuen ca. 300qm. großen Festsaal errichten lassen. Fast 90 Jahre war die “Wolters-Gastronomie“ in vier Generationen Mittelpunkt des Bröler Vereins-und Dorflebens.

Gasthof Wolters, ca 1965

1967 ging die Gaststätte in den Besitz von Sohn Willi über. Als Nebenjob übernahm er noch die Leitung der Bröler Poststelle, die im hinteren Teil des Gebäudes untergebracht war. In der Nachkriegszeit waren dort zuvor eine Versicherungsagentur und eine Metzgerei untergebracht. Während der „Wolters-Jahre„ wurden einige Bröler Vereine neu gegründet: 1961 gründeten drei Ortsvereine die „Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß Bröl“, aus der bis heute mehr als 60 Prinzenpaare proklamiert wurden. 1954 taten sich die Bröler Frauen zusammen und hoben in der Gaststätte Wolters einen Frauenchor (heute: „La bella musica“) aus der Taufe, 1958 wurde der „Heimat-und Verschönerungs-verein“, (der HVB) als „Stimme des Dorfes“ gebildet, neben dem 1998 gegründeten Männer-Gesang-Verein „Eintracht“ Brölder Mitglieder-stärkste Ortsverein.

Etwa 1986 wurde der bekannte „Landgasthof Wolters“, dem mittlerweile ein Hotel angegliedert war, an Axel Wolters übergeben. Während der Hotel-Phase stand das Haus offiziell einige Jahre als „Herberge für die Wandernden Handwerks-Gesellen unseres Landes“ zur Verfügung. Nach umfangreichen Renovierungs-Arbeiten gingen Gaststätte und Saal 2008 in den Besitz eines Getränke-Großhandels über.

Somit stand die „Wolters-Gastronomie“ ab 1922 bis 2008 mit vier Generationen nahezu neun Jahrzehnte lang im Zentrum des Bröler Vereins- und Dorflebens.

Seit Dezember 2019 ist die Stadt Hennef Eigentümerin des ehemaligen Stadtbekannten „Landgasthofes“.

Heute sind die angemieteten Gasträume sowie der Festsaal in der „Fastelovends-Session“ immer noch gern besuchte Orte für viele Hunderte kostümierte Jecken. Diese Besucher kommen Karnevals-Sonntag auch gerne nach Bröl wegen des sehenswerten Fastelovends-Zochs, der im Saal Wolters mit einer turbulenten „After-Zoch-Party“ aufgelöst wird.

fpü/4-22